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Trauma verarbeiten: Wie die richtige Atmung Dein Nervensystem beeinflusst

Unsere Emotionen sind eng mit unserem Körper verbunden – und dies lernen wir bereits in der Kindheit. Frühkindliche Prägungen beeinflussen, wie sicher oder unsicher wir uns fühlen und wie wir unsere Muskeln ansteuern. Methoden wie die körperorientierte Traumatherapie und Yoga fürs Nervensystem helfen dabei, emotionale und muskuläre Stabilität wiederherzustellen.

Die Atmung kann ein mächtiges Werkzeug sein, um ein Trauma zu verarbeiten. Doch während sie für manche Menschen befreiend wirkt, kann sie bei anderen Stress oder sogar Retraumatisierung auslösen. Die Antwort liegt im Zusammenspiel von Atmung, Nervensystem und emotionalen Mustern.

Die Rolle der Mundatmung: Sympathikus vs. Parasympathikus

Atmung beeinflusst das autonome Nervensystem. Besonders relevant ist die Unterscheidung zwischen Mund- und Nasenatmung.

  • Mundatmung aktiviert den Sympathikus (Kampf- oder Fluchtmodus) – typisch für Bewegung, Stress oder intensive Emotionen.
  • Nasenatmung fördert die Zwerchfellaktivität und damit die Vagusnerv-Aktivierung, was Sicherheit vermittelt.

Warum ist das wichtig? Menschen, die unbewusst viel durch den Mund atmen, sind eher in einem dauerhaft erhöhten Stresszustand.

Kann Mundatmung trotzdem sinnvoll sein?

Ja. Bestimmte Atemtechniken nutzen die Mundatmung gezielt zur emotionalen Verarbeitung. Ohne bewusste Regulierung kann sie jedoch Übererregung oder Retraumatisierung verstärken.

Vagusnerv-Aktivierung: Wie Atmung Dein Nervensystem beeinflusst

Der Vagusnerv spielt eine entscheidende Rolle für die Regulation des Nervensystems und beeinflusst, wie wir Stress und Traumata verarbeiten. Er hat zwei Hauptzweige:

  • Ventraler Vagus: Fördert soziale Verbundenheit, Entspannung und Sicherheit.
  • Dorsaler Vagus: Kann in extremem Stress zu Dissoziation oder "Erstarrung" führen.

Problematisch ist, wenn jemand bei intensiver Atmung zwischen Sympathikus (Stress) und dorsalem Vagus (Erstarrung) pendelt. Dann kann er sich innerlich abkoppeln – ohne den stabilisierenden Effekt des ventralen Vagus.

Eine bewusste Zwerchfellatmung hilft, den ventralen Vagus zu aktivieren und emotionale Regulation zu fördern. Besonders Methoden wie Vagusnerv Yoga kombinieren gezielte Atemübungen mit sanften Bewegungen, um das Nervensystem nachhaltig zu beruhigen.

Sauerstoffsättigung und ihre Rolle bei der Traumaheilung

CO₂ spielt eine entscheidende Rolle bei der Sauerstoffaufnahme in die Zellen. Eine absichtliche Erhöhung der Sauerstoffsättigung durch intensive Atmung kann paradoxe Effekte haben.

Was passiert im Körper?

  • Weniger CO₂ führt dazu, dass der Sauerstoff schlechter in die Zellen transportiert wird.
  • Das Nervensystem reagiert mit Zittern, Kribbeln oder Hitzegefühlen – häufig in traumatisierten Geweben.
  • Ungeübte können von dieser Erfahrung überwältigt werden, was eine Retraumatisierung begünstigen kann.

Die richtige Atemtechnik und eine begleitete Trauma-Arbeit sind entscheidend, um den Körper sicher durch diesen Prozess zu führen.

Atempause als Indikator für das Nervensystem

Der natürliche Atemrhythmus gibt Aufschluss über den Gashaushalt und das Nervensystem.

  • Kurze oder fehlende Atempausen sind ein Zeichen für eine Sympathikus-Aktivierung (Kampf- oder Fluchtmodus).
  • Sehr lange Atempausen können auf eine Erstarrung (dorsaler Vagus) hindeuten.

Idealerweise erfolgt die Atmung mit der natürlichen Zwerchfellbewegung, um Sicherheit und Balance zu schaffen.

Ressourcen stärken: Der Schlüssel zur sicheren Atemarbeit

Ressourcen sind körperliche Anker, die helfen, sich während intensiver Atemsessions zu regulieren.

Wichtige Fragen zur Selbstregulation:

  • Wo im Körper fühle ich mich sicher?
  • Welche kleinen Veränderungen spüre ich in meinem Atem?
  • Wie kann ich sanft aufkommende Emotionen begleiten, ohne mich zu überfordern?

Ressourcen können auch einfache Bewegungen sein – etwa sanftes Schaukeln, Druck auf den Körper oder bewusste Erdung durch die Füße.

Fazit: Trauma sicher verarbeiten mit der richtigen Atmung

Die Atmung ist ein kraftvolles Instrument zur Traumaheilung – aber nur, wenn sie bewusst angewendet wird. Die Verbindung zwischen Atmung, Nervensystem und emotionalen Prozessen sollte gezielt reguliert werden, um eine Überforderung zu vermeiden.

Wer sein Trauma verarbeiten möchte, sollte mit sanften Methoden starten und auf die körperlichen Signale achten. Für traumatisierte Personen empfiehlt sich eine begleitete Einführung durch Fachpersonen.

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

Wie hilft Atmung beim Trauma verarbeiten?

Die richtige Atemtechnik kann das Nervensystem beruhigen, die emotionale Regulation unterstützen und Stressreaktionen abmildern.

Kann Atmung auch retraumatisieren?

Ja, wenn zu intensiv geatmet wird oder keine emotionale Regulation vorhanden ist. Daher ist eine bewusste Einführung mit Ressourcenarbeit wichtig.

Welche Atemtechniken sind für die Traumaheilung geeignet?

Besonders hilfreich sind Zwerchfellatmung, langsame Nasenatmung und Vagusnerv Yoga, um das Nervensystem zu regulieren.

Wie erkenne ich eine Überforderung durch Atmung?

Starke Dissoziation, Panikgefühle oder das Gefühl, sich nicht mehr spüren zu können, können Hinweise darauf sein, dass das Nervensystem überlastet ist.

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